YBN Nahmir
Es ist so etwas wie ein modernes Märchen, irgendwie: Da triffst du Dudes aus allen möglichen Winkeln der Vereinigten Staaten bei Grand Theft Auto Online, rappst mit ihnen ab und zu über das Headset und machst dann beim ersten persönlichen Treffen mit ihnen direkt einen Hit. Eine Romantik, die sich älteren Semestern vielleicht nicht gänzlich erschließen wird, aber genau das, was die YBN-Crew nachhaltig zu Rapstars gemacht hat.
Genau genommen macht YBN Nahmir Musik allerdings schon seit 2011. Nicht besonders zielführend und auch nicht herausragend ambitioniert, aber er tut es: Inspiriert von West Coast-Größen wie Eazy-E, E40 und Snoop Dogg entwickelt der Junge aus Alabama einen entspannten, Devil May Care-Flow und beschäftigt sich vor allem mit Freestyles an der Konsole, wenn er gerade nicht Baseball spielt.
Seine GTA-Clique sollte dann tatsächlich dazu beitragen, dass die Musik ein ernsteres Anliegen für den Jungen wird. Die Geschichte soll sich so zugetragen haben, dass Crew-Kollege YBN Almighty Jay sich im Halbwissen ins Militär eingeschrieben habe, sich prompt doch davor drücken wollte und sich dafür durchs halbe Land für eine Woche in Nahmirs Elternhaus verkriecht.
Und weil dieser Nahmir nicht nur ein entspannter, sondern auch ein kollegialer Kerl sein muss, gab diese Situation nicht den totalen Abbruch der Internetfreundschaft her, sondern einen ganzen Schlag Songs. Nicht viel später auch den einen, der sie wirklich nach vorne bringen soll: "Rubbin Off The Paint".
Zu diesem Punkt hatte Nahmir sich zwar schon ein bisschen Aufmerksamkeit von jungen Raphörern eingeheimst, indem er hier und da Singles gedroppt oder "The Race" von Tay-K geremixt hat, aber die Aufmerksamkeit auf diesem Track war beispiellos. Über 100 Millionen mal wird die Nummer im nächsten Jahr auf YouTube geklickt, gleich mehrere Wochen macht sie sich in den Billboard Hot 100 breit.
Das erlaubt ihm gleich mehrere große Karriereschritte: Zum einen kann er auch YBN Almighty Jay und YBN Cordae ins allgemeine Bewusstsein schleudern und damit YBN tatsächlich zu so etwas wie einer öffentlichkeitswirksamen Marke machen. Nicht schlecht – für einen Schlag Gaming-Buddies. Außerdem macht er sich als Feature-Gast zunehmen beliebt. Ob nun bei Yung Bans, Wifisfuneral oder G-Eazy: Die Gastbeiträge von Nahmir bleiben konstant gut.
2017 schiebt er das "#YBN"-Mixtape nach, eine eher eindimensionale Sammlung von Tracks der vergangenen Jahre, die Stärken und Schwächen des Newcomers deutlich ausleuchtet. Das Tape wird nicht zum Zentrum der Aufmerksamkeit, viel mehr aber die Folgesingle zu "Rubbin Off The Paint": "Bounce Off With That" erreicht ebenfalls über hundert Millionen Views auf dem einflussreichen Cole Bennett-Kanal auf YouTube.
Wie zur Krönung ernennt XXL Nahmir 2018 daraufhin zu einem der Freshmen des Jahres, wo er in einer Cypher mit Stefflon Don und Wifisfuneral noch einmal ein paar Hörer von seiner kaltschnäuzigen Art überzeugen kann.
Dafür, dass vieles an ihm für ein Gimmick spricht, ist es doch Rapskill und Ernsthaftigkeit, die seine Musik regelmäßig erdet. Keine Melodien, kein Autotune, nicht einmal besonders viel Hook haben seine Songs. Zumeist reicht es bislang aus, Charisma und Stil durchschimmern zu lassen, ein eingängiges Trap-Instrumental mit einem oder zwei Verses zu berappen, um die Fans zu begeistern. Er hat eben Ausstrahlung und eine einwandfreie Rapstimme noch dazu. Wie weit ihn dieses Songwriting bringen kann oder wie sehr er sich in Zukunft entwickeln wird, das dürfte wohl spannend werden.
© Laut
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