Zusammengeschweißt wie nie zuvor: Carl Barât und Peter Doherty veröffentlichen auf ihrem neuen Album intime Rock-Kompositionen.

Eine Platte von The Libertines, das war unverhofft. Nach dem zerstörerischen Punk von Up the Bracket im Jahr 2002, dem erfolgreichen Nachfolger The Libertines zwei Jahre später, die beide von Mick Jones von The Clash produziert wurden, sowie einer halbherzigen dritten Platte, die die Welt vergessen hat, kehren Carl Barât und Peter Doherty zu ihrem alten Leben zurück. Doch was ist in den letzten Jahren geschehen?

Zwischen Petes Drogensucht, mehreren Band-Tourneen ohne ihn, der Verwüstung von Carls Wohnung als Racheakt, einem Gefängnisaufenthalt, Leibwächtern während der Aufnahmen und vielen weiteren Skandalen war die Band so gut wie zerbrochen. Selbst der Gründer des Labels Creation Alan McGee, der Oasis oder The Jesus And Mary Chain gemanagt hat, erzählt, dass sie mit Abstand die schlimmsten Musiker waren — immer unberechenbar und außer Kontrolle.

Heute sind Carl und Peter in ihren Vierzigern und leben als Familienväter in Küstenstädten, der eine in Margate, England, mit Blick auf den Nordatlantik, der andere im französischen Étretat, in der Normandie. So scheint es naheliegend, dass sich die Beiden im Sommer 2022 an der karibischen Küste in Jamaika — dessen große musikalische Geschichte und wahrscheinlich auch dessen türkisfarbenes Wasser sie schon immer geliebt haben — mit John Hassall und Gary Powell, die beiden anderen Mitglieder der Band, wiedertreffen.

Der Ausflug ist mystisch. Die Band komponierte und schrieb ihre Songs, während sie die Beerdigung von Königin Elizabeth II. im Fernsehen beobachtete und über ihr Leben philosophierte. “Es war ziemlich verrückt für uns. Das ist in viele Stücke eingeflossen”, analysiert Carl Barât. “Diese religiöse Erfahrung und die existenziellen Fragen: “Wo stehen wir? Wer sind wir? Was bedeutet das alles?” Das war ein guter Anfang, um mit dem Schreiben zu beginnen.”

Zwischen Gothic-Balladen, Pop-Orchestrierungen, Punk-Gitarren und klassizistischem Rock entfaltet All Quiet on the Eastern Esplanade eine kraftvolle Poesie der Intimität, die vom Tod oder existenziellen Fragen durchzogen und in ihrer üblichen Besessenheit von Worten und Melodie geschrieben ist. Und es funktioniert so gut, weil Barât und Doherty, die zum ersten Mal nüchtern im Studio waren, endlich in die gleiche Richtung blicken. Eine majestätische und unerwartete Rückkehr des leidenschaftlichsten und aufregendsten Duos Englands.