Er hat Rekorde aufgestellt, Skandale ausgelöst, Grenzen aufgebrochen, und seiner kleinen Heimat ein großes Make Over gegeben: Falco gilt als der innovativste Musiker Österreichs seiner Zeit. Sein früher Tod machte ihn zur Legende. Ein Blick auf sein Schaffen.
Was ist er denn, was hat er denn?
Was kann er denn, was macht er denn?
Was red’ er denn, wer glaubt er das er ist?

Von Anfang an seiner Karriere sorgte er für Furore. Entdeckt wurde Johann Hölzel, der damals schon seinen Künstlernamen Falco gefunden hatte, 1980 bei einem Konzert der Band Drahdiwaberl, in der er Bass spielte. Als Pausenfüller stellte sich Falco allein ganz vorne auf die Bühne und gab seine eigene Musik zum Besten mit Ganz Wien, einem düsteren Song über die lokale Drogenszene. Gekleidet in Designer-Anzug mit zurückgegelten Haaren und charismatisch wie eh und je entstand ein Bild auf der Bühne, das so frisch und spannend war, dass es ihm in Nullkommanichts einen Vertrag über drei Alben einbrachte.

Das Fundament mit Der Kommissar

Bis dato war dieser extrovertierte Bassist nur ein Player der Wiener Szene gewesen, der in anarchistischen Punkbands gespielt hatte, bei deren Konzerten Chaos und Tabubrüche wichtiger waren als die Musik. Als Solo-Künstler dauerte es jedoch nur ein paar Monate, bis Falco nicht mehr nur vorne auf der Bühne, sondern mit Der Kommissar an der Spitze der Charts in Österreich, Deutschland, Spanien, Italien und Japan stand. Wie aus dem Ärmel geschüttelt, hatte den Grundstein für seine beeindruckende Karriere gelegt und, ganz nebenbei, weißen Rap erfunden.

Falco zuhause
© Ernst Kainerstorfer / picturedesk.com
Beim Komponieren von wirklich moderner, neuer Musik müssen Sie drei Dinge beachten: Ist es Musik? Ist es neu? Ist es wirklich neue Musik?

Die Lässigkeit, die der deutschen Sprache oft fehlt, bringt Falco mit seinen alsbald ikonischen, abgehackten “Ahhs” und “Uhhs” ein. Besonders gut lässt sich sein ganz eigener Stil erkennen in Maschine brennt. Hemmungslos mischt er den Dialekt seiner Heimat mit Hochdeutsch und Englisch und baut Referenzen zu Rapper’s Delight von The Sugar Hill Gang ein. Wiener Schmäh trifft auf US-amerikanischen Hip-Hop und ein Gespür für funktionierende Rhythmen.

Falcos Debütalbum Einzelhaft erscheint 1982 in Zusammenarbeit mit Produzent Robert Ponger und erzählt von Lebensentwürfen abseits der nach Disziplin und Erfolg strebenden Gesellschaft der 80er Jahre. Stattdessen beschäftigt er sich mit dem Alltag einer drogenabhängigen Prostituierten (Zuviel Hitze), den Studentenprotesten Berlins und den Jugendunruhen Zürichs (Auf der Flucht), der Abneigung zum Schulsystem (Nie mehr Schule) und dem damaligen Zeitgeist (Einzelhaft, Helden von heute).

Die Kombination aus tanzbarem Synthiepop, New Wave, Rap und Rock klingt viel weniger nach Debütalbum als nach jahrelang perfektioniertem Sound. Das liegt nicht zuletzt an Johann Hölzel selbst: Der Multiinstrumentalist mit absolutem Gehör genoss schon als Kind eine musikalische Ausbildung und verbrachte einige Zeit am Wiener Jazz-Konservatorium. Doch anstatt wie geplant eine Karriere als professioneller Musiker im traditionellen Sinn in Angriff zu nehmen, gelte er sich die Haare, setzte sich eine Sonnenbrille auf und tänzelte mit großen Träumen Richtung Popmusik.

Nachdem er mit Einzelhaft internationale Erfolge feiern konnte, lebte er ein wahres Rock’n’Roll-Leben, flog um die Welt und lernte wichtige Persönlichkeiten der Musikszene kennen. Der legendäre Hip-Hop-DJ Afrika Bambaataa machte seine Erfolgssingle Der Kommissar in den New Yorker Clubs bekannt, US-amerikanische Musikmanager nannten ihn den Elvis Österreichs.

1984 erschien sein zweites Album Junge Roemer, das von Kritikern gefeiert wurde, in Österreich die Goldene Schallplatte verliehen bekam und aus einem perfekt aufeinander abgestimmten Mix aus Pop, Rock und Funk glänzt. Falco beschäftigt sich weniger mit Abgründen, als dass er sich als Frauenliebhaber mit Herz zeigt. Charmanter wurde wohl noch nie zum Tanzen aufgefordert, wenn er in seinem Hit Brillantin’ Brutal singt: “Nehmen Sie hoch das Bein, treten Sie ein / Unser Tanz, er muss der nächste sein”.

Falco Schallplatte
© Leopold Nekula / mago images/Viennareport

Der Weltrekord mit Rock Me Amadeus

Mit seinem gerade mal dritten Album Falco 3 zementiert der Wiener seinen Status als Weltstar.

In Zusammenarbeit mit dem niederländischen Produzenten-Duo Bolland und Bolland gelingt ihm der internationale Durchbruch mit Rock Me Amadeus, das ihn als einzigen deutschsprachigen Künstler jemals auf die Nummer Eins der US-amerikanischen Charts katapultiert. Die Arroganz, die Falco in seinen Songs hinlegt, lässt einen fast glauben, dass er in Rock Me Amadeus gar nicht Mozart, sondern sich selbst meint, wenn er singt: “Er war Superstar, er war populär, er war so exaltiert, because er hatte Flair”.

Neben seinem Talent, musikalische Grenzen aufzubrechen, ist es aber auch das Verruchte und der Fatalismus, die Falco sein Image verleihen. “Es ist mein Job, ein Grenzgänger zu sein”, sagt er in einem seiner Interviews und nennt sich selbst die “corporate Identity des Bösen”. Die Single Jeanny, in der Falco lyrisches Ich der Entführer einer jungen Frau ist, wird zum großen Skandal und von Radiostationen in Österreich und den USA boykottiert. In Deutschland hingegen belegt sie sechs Wochen lang Platz 1 der Charts und wird zur meistverkauften Single des Jahres. Falco selbst zeigt sich unbeeindruckt von dem medialen Aufschrei und betont, dass sein künstlerisches Ziel immer ist, zu sehen, wie weit er gehen kann und damit durchkommt – “Ich spiele mit offenen Karten. Ich sage von vornherein: Das ist eine einzige Provokation”.


Der Absturz des Falken

An seine unglaublichen Erfolge anknüpfen konnte Falco nach Rock Me Amadeus nicht mehr, was ihn in tiefe Krisen stürzte und dazu führte, dass er sich immer weiter von der Öffentlichkeit entfernte. Trotz seiner riesigen Erfolge nahm er immer wieder Versuche auf, sich neu zu erfinden. Sein 1986 erschienenes Album Emotional zeigt ihn, wie der Titel schon sagt, offen zu Gefühlen. Er lässt sich noch mehr als sonst von den USA inspirieren, entwickelt einen souligen Sound mit Schwarzen Hintergrundsängern und verweist mit dem Cover des Albums auf Elvis Presleys legendäres Live Comeback ‘68 Comeback Special. Mit dem Beginn der 90er Jahre versucht er sich zum ersten Mal an Techno auf seinem Album Data de Groove, das ihm allerdings auch nicht den erhofften internationalen Erfolg beschert.

Geschwächt von diesen beruflichen, als auch privaten Rückschlägen zieht Hans Hölzel sich zurück und residiert den Großteil seiner Zeit in einer Villa in der Dominikanischen Republik – was dem Image des Stars mit Rock’n’Roll-Lifestyle nur weiter zuträglich ist. Sein Leben findet ein Ende, als Hans Hölzel am 6. Februar 1998 in einem Autounfall verstirbt. Doch Falco lebt weiter. Kurz danach erscheint sein Album Out Of The Dark, an dem er bis zuletzt gearbeitet und den Erscheinungstermin immer wieder verschoben hatte.

FALCO LIVE in der Sendung 'Falco Live', 1986 / Sänger. (Photo by kpa/United Archives via Getty Images)
FALCO LIVE in der Sendung 'Falco Live', 1986 © kpa/United Archives

Das Schaffen von Falco übt bis heute eine große Faszination aus. Mit seiner ganz eigenen Vision von Musik und großen Zielen ebnete er den Weg für weißen und deutschsprachigen Rap, öffnete Türen für die Vermischung von Sprachen und inspirierte unzählige Menschen mit seinem Perfektionismus. Der Wiener buhlte nie um die Sympathie eines Publikums und schaffte es trotz seiner Skandale zu großer Beliebtheit. Es ist die Mischung aus seinem einzigartig charismatischen Auftreten, der gespielten Arroganz und der fühlbaren Leidenschaft für Pop, die Falco zu einer Kunstfigur machen, die man nicht vergessen kann.

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