Travelin'

Albumbeschreibung

Bei ihrem Label sind Alben mit einem thematischen roten Faden gern gesehen, doch längst nicht jede Band kommt diesem Ansinnen mit gleicher Originalität, gleichem Witz und solch umwerfenden Ideen nach wie die Echoes of Swing. So auch auf „Travelin’“, wo das kontrabasslose Quartett sein 20-jähriges Bestehen feiert. Ums Reisen geht’s, und die Idee kommt völlig einleuchtend rüber. Allein durch ihre Repertoireauswahl und die Titelgebung der Songs entführen die „Echoes“ auf eine augenzwinkernd-humorvolle, unterhaltsame musikalische Reise durch Raum und Zeit. Von Nummern aus den 1920er- bis 1950er-Jahren bis zu der respektablen Anzahl eigener Stücke frönen sie einem „sophisticated-coolen“ Combo-Swing – nicht als Kopie, sondern als gegenwärtiges Echo einer vergangenen Ära, die hier um einiges „moderner“ anmutet, als der Begriff „historischer Jazz“ suggeriert.
Los geht’s im „Orient Express“, einem Blues, der mit Anleihen bei nahöstlicher Tonalität, dem Pfeifen der Lok und dem gleichmäßigen Stakkato der Räder spielt. Mit dem Italo-Schlager „Volare“ steigt man in einen Flieger um, nimmt zwischendurch mit „A Slow Goat Through China“ vorlieb (siehe Innenfoto!), und ist man erst mal dem „Wrack der guten Hoffnung“ entkommen, wartet bald Rettung: „En Auto“. Hinter derlei Anspielungen und Wortspielen stecken keine musikalischen Kalauer, sondern gekonnt und stilsicher gemachte, aber nie auf einen Stil festgelegte Kompositionen und Arrangements. Mit Cannonball Adderleys „The Old Country“ – von Colin T. Dawson mit arg viel Hall gesungen – streift man moderneres Terrain, nur um in Coleman Hawkins’ „Disorder an the Border“ munter loszuboppen. Die Reise endet mit „Wohin?“: Open-Road-Motiv. Das Stück basiert auf Franz Schuberts „Wohin soll ich mich wenden“ aus der „Deutschen Messe“. Wohin? Wenn’s nach uns geht: Nur weiter in dieser Richtung!

© Klostermann, Berthold / www.fonoforum.de